VERSUCH ÜBER DIE SCHWIERIGKEIT NEIN ZU SAGEN
Uraufführung
Lichthof-Theater Hamburg
Regie: Henri Hüster
Bühne: Lea Burkhalter
Kostüme: Marie Sturminger
Dramaturgie: Lena Carle, Leila Etheridge
Regieassistenz und Kommunikation: Christine Grosche
Bühnenbildassistenz: Tim-Aron Wiebe
Licht: Sönke C. Herrm
von und mit: Vasna Aguilar, Lukas Gander,
Julia Franz Richter, Pauline Stöhr
Fotos: © Jakob Schnetz
nachtkritik Falk Schreiber 10.1.19
Als Diskurstheater findet Hüsters Konzept schnell in die Spur: indem der Abend Heinrichs nicht-dramatischen Text umkreist, mit Dramenfragmenten, mit Tanz (für dessen Choreografie Vasna Aguilar zuständig ist), mit hübsch hintergründigem Humor, der an einer Stelle das Theater als widerständige Neinsagerkultur hochnimmt. "O Theater!" wird da chorisch gesprochen. "Weltnichthaberort! Wahrheitvernichterort! Geschichtenichtkennerort!" Und dann aber: "Abstraktionsort! Pfui! Pfui!" Das ist vor allem deswegen schön, weil Hüsters Theater im Grunde das genaue Gegenteil von Abstraktion macht: Er nimmt eine abstrakte These und wendet diese ins Konkrete, allerdings eben mit den Mitteln des Theaters und der Literatur, mit Choreografie, Bühne, Schauspiel, Prosa. Pfui! Pfui!
Hamburger Abendblatt Annette Stiekele 12.1.19
Lukas Gander nimmt im golddurchwirkten Kleid den Kampf mit den rebellischen Mänaden aus den „Bakchen“ des Euripides auf. Auch die Autorin Auxilio aus Roberto Bolanos „Amuleto“ wird lebendig, wie sie im Schutz einer Toilette die Erstürmung einer Universität in Mexiko durch das Militär erlebt. Protest und Widerstand haben viele Gesichter. Auch für Bertolt Brecht und Wolfram Lotz ist da noch Platz. Hüster differenziert das Dilemma des Nein-Sagers, er vereinfacht nichts.
Irgendwann lehnen sich die Akteure im Chor gegen das Theater selbst auf: „O Theater! Wahrheitvernichterort! Pfui!“ Der Abend entfaltet aber auch eigene Widerhaken. Er verhebt sich auf so größenwahnsinnige wie großartige Weise an starken Texten und ästhetisch überbordender Form. Sodass im Zuschauer allmählich, als Julia Richter raunend durch die Reihen streift, eine wohltuende Protest-Haltung heranwächst. Warten auf die Utopie? Ganz klar: „Nein“.